21. April 2018 

Mehr als 1000 Teilnehmer*innen auf der Demonstration gegen rechten Terror in Neukölln

Sie waren dem gemeinsamen Aufruf eines breiten Bündnisses von Neuköllner Initiativen, Gewerkschaften, Parteien, Kirchen und weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen und Verbänden gefolgt, um ihre Solidarität mit den Betroffenen auszudrücken und Polizei und Justiz aufzufordern, entschiedener gegen die rechten Gewalttäter zu ermitteln.
Demonstranten gegen rechten Terror
Unter dem Beifall der Demonstranten reihte sich auch die frühere Neuköllner Bürgermeisterin und jetzige Familienministerin Franziska Giffey in den Zug ein. Wenn es zutrifft, dass Rassismus und völkisches Denken nicht am Rande der Gesellschaft, sondern ihrer Mitte entspringt, so war diese Demonstration ein unübersehbares Zeichen, dass aus dieser Mitte sich auch der Widerstand gegen den zunehmenden Einfluss des rechten Blocks aus Rechtspopulisten und neonazistischen Gewalttätern formiert. Auch in seinem äußeren Erscheinungsbild spiegelte die Demonstration die Vielfalt der Neuköllner*innen wieder, ein Schmelztiegel vieler Kulturen, von Menschen, die zunehmend eine eigene Neuköllner Identität annehmen, die nichts mit der dumpfen völkisch-rassistischen Identität gemein hat, sondern ihr Gegenbild darstellt.

Im Folgenden geben wir die Rede wieder, die ein Mitglied von Hufeisern gegen Rechts während der Demonstration gehalten hat:

Liebe Freundinnen und Freunde,
warum bin ich als Mitglied der Anwohner*innen-Initiative Hufeisern gegen Rechts hier? Es gibt viele Gründe an dieser Demonstration teilzunehmen. Ich will zehn Gründe nennen:

Ich bin gegen rechte Aktivitäten in unserem Bezirk, weil

1. sie Angst verbreiten wollen: Rechtspopulisten und Neonazis wollen eine Gesellschaft, in der das Recht des Stärkeren gilt. Sie wollen entscheiden, wer sich wo bewegt und wer was sagen darf. Sie schüren eine Atmosphäre der Angst, in der Widerspruch und offenes Zusammensein unmöglich gemacht werden sollen.

2. weil sie die Pressefreiheit bekämpfen: öffentliche Medien, die nicht dem rechten Spektrum angehören, werden pauschal als „Lügenpresse” bezeichnet. Journalisten werden als »Geschmeiß« beleidigt und bedroht. Mehrfach wurden Pressevertreter von AfD- und NPD-Vertretern handgreiflich attackiert.

3. weil sie gewalttätig sind: AfD-Funktionäre zeigen öffentlich Verständnis für gewaltsame übergriffe gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund und legitimieren so die terroristischen Angriffe der neonazistischen Banden gegen politisch Andersdenkende und Menschen mit Migrationshintergrund. Bei diesen Angriffen werden Tötungen billigend in Kauf genommen.

4. weil sie die Selbstbestimmung der Frau nicht anerkennen: Frauen sind nach den völkischen Vorstellungen vor allem dafür da, den »Fortbestand des deutschen Volkes« zu sichern. Ginge es nach ihnen, dürften Frauen nur noch eingeschränkt berufstätig sein.

5. weil sie die Parlamente missachten: Die Neuköllner AfD-Fraktion stellt ein typisches Beispiel für das parlamentarische Verhalten der Rechtspopulisten und Neofaschisten dar. Durch beleidigende Pöbeleien gegen Vertreter*innen demokratischer Parteien und bewusst auf Provokation angelegte rassistische Anträge und äußerungen soll die parlamentarische Arbeit boykottiert und als ineffektiv diskreditiert werden.

6. weil sie die Geschichte leugnen: Mit ihren geschichtsrevisionistischen Forderungen verhöhnen sie nicht nur die Millionen Opfer des deutschen Faschismus, sondern versuchen völkisches und faschistisches Gedankengut wieder salonfähig zu machen. Damit bereiten sie den Weg zur Zerschlagung des antifaschistischen Konsens zwischen den demokratischen Parteien.
Ein weiteres Bild von Demonstranten gegen rechten Terror
Wie weit es der AfD bereits gelungen ist, den politischen Kurs nach rechts zu verschieben, zeigen die aktuellen Positionen in der Bundesregierung zum Umgang mit Schutzsuchenden und zur „inneren Sicherheit”, aber auch der Vorstoß des Neuköllner CDU-Stadtrats Lieke gegen das Bündnis Neukölln.

7. weil sie die Gewerkschaften schwächen wollen: Neben der Einschränkung des Streikrechts sollen Gewerkschaften nicht mehr zu politischen Themen Stellung nehmen dürfen. Auch der Zugang in die Betriebe und die Beratung der Betriebsräte sollen erschwert werden.

8. weil sie eine Bildungspolitik für Vermögende fordern: Rechtsextreme behaupten, Intelligenz sei von Geburt an festgelegt. Die Bildungspolitik müsse dem Elitegedanken verpflichtet sein, fordert die AfD. Ihnen geht es nicht darum, Kinder zu fördern. Deshalb wollen sie Kita-Plätze weiter privatisieren und Gesamt- und Ganztagsschulen abschaffen.

9. weil sie die Realität leugnen: Die AfD leugnet die Verantwortung der Industrie und auch der Verbraucher für den Klimawandel. Auch die Gefährlichkeit wird relativiert. So sei der CO₂- Anstieg in der Atmosphäre positiv zu sehen, denn er fördere das Wachstum. Wissenschaftlich sind diese Behauptungen blanker Unsinn.

10. weil sie die Gesellschaft spaltet: Aus Sicht der Rechtspopulisten und Neonazis ist ein gesellschaftliches Zusammenleben nur möglich unter Menschen einer gleichen kulturellen und biologischen Identität. Die Forderung nach Herstellung einer derartigen völkischen Staatshomogenität würde z. B. in Neukölln 45 % der aktuellen Einwohnerschaft ausgrenzen. Menschen haben aber nicht nur eine Identität, sondern viele verschiedene: Mann, Frau, katholisch, muslimisch, atheistisch, Großstadt- oder Landbewohner, arbeitslos, Rentner*in, deutsch, britisch oder arabisch usw. Landesidentität ist nicht allein bestimmend für unser Leben. Gewerkschaftliche und antifaschistische Solidarität ist z. B. eine übergreifende Identität, keine volksbezogene.


Aus diesen 10 Gründen und den vielen anderen von den Redner*innen genannten Gründen:

Kein Hufbreit Boden den Rechtspopulisten und Neonazis in Neukölln und anderswo!

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